Vor dem Hintergrund rechtsradikal motivierter Morde in Mölln und Solingen erschien in Ausgabe Nr. 45 (Juni 1993) dieser Artikel:
Die Wogen haben sich gerade etwas gelegt, da zieht
bereits der nächste Sturm auf, oder ist es der gleiche? Es ist der Gleiche!
Wieder wird die in Zufriedenheit schlummernde Gesellschaft von gemeinen und hinterhältigen
Morden aufgeschreckt. Wahrscheinlich gleiches Motiv, gleicher Tathergang; auch
die gleiche Reaktion? Nach den Morden in Mölln rollte eine Welle der Empörung
und der Fassungslosigkeit über ganz Deutschland. Spontan fanden zahlreiche
Demonstrationen und Kundgebungen in der gesamten Bundesrepublik statt,
Lichterketten von beeindruckender Länge wurden gebildet. Was übrig blieb war
eine durch die zahlreichen Demonstranten beruhigte Masse und einige wenige
Arbeitskreise, die sich ständig darum bemühen, Vorurteile abzubauen, bei sich
selbst und bei ihrem Mitmenschen. Diese Beruhigung trügte, wie sich nun auf
grausame Weise herausstellte.
In Anbetracht dieser Tatsache dürfte es wohl niemand mehr
als ausreichend empfinden, die gleichen Konsequenzen aus den Morden von
Solingen wie aus denen in Mölln zu ziehen. Es ist natürlich wichtig, zu zeigen,
dass der größte Teil der Bevölkerung die Diskriminierung bestimmter Mitmenschen
nicht zu tolerieren bereit ist und diese Morde missachtet. Dies wird durch die
Demonstrationen eindrucksvoll ausgedrückt. Doch kann dies natürlich in keinster
Weise genügen. Die Gesellschaft und jede(r) Einzelne müssen die notwendigen
Konsequenzen aus diesen Vorfällen für sich ziehen. Wir können nicht so
weiterleben wie bisher, wenn extremistisch motivierte Anschläge verstärkt
auftreten und somit zwangsläufig zur Alltäglichkeit werden. Dies muss
verhindert werden!
Nun stellt sich natürlich die Fragen wie dies denn
angestellt werden kann. Die Eindämmung der Gewalt kann nur aus der Gesellschaft
selber kommen. Da die Gesellschaft dazu zurzeit nicht in der Lage zu sein
scheint, muss sich also zunächst die Gesellschaft dahin entwickeln, dass sie
stark genug ist, um alle in diese Gemeinschaft zu integrieren, so dass das
Bedürfnis die friedliche Gesellschaftsordnung zu stören minimiert wird. Um aber
die Veränderungen in der Gesellschaft
herbeiführen zu können, müssen die einzelnen Mitglieder dieser Gesellschaft
selbst diese Entwicklungen durchschritten haben. Also müssen wir zunächst für
uns selber die Konsequenzen aus den schrecklichen Morden ziehen und unser
Verhalten den Mitmenschen und im Besonderen den ausländischen Mitmenschen
gegenüber überdenken und ändern. Wie dies nun im Einzelnen auszusehen hat, muss
jede(r) für sich selbst entscheiden. So ertappt man sich doch noch manchmal,
wie man einem Vorurteil Glauben schenkt, obwohl man noch nie eine derartige
Erfahrung gemacht hat. Dies beeinflusst einen dann sofort im Umgang mit den
betreffenden Mitmenschen, presst den Betroffenen in ein sehr schwer zu
durchbrechendes Schema. Hat man sich von den Vorurteilen so weit wie möglich
freigemacht, folge das Weitere ganz automatisch. Sind die unberechtigten
Vorurteile abgebaut, so gibt es auch keinen Grund mehr, die betreffenden
Mitmenschen in sein persönliches Tun und Handeln nicht zu integrieren. Dies
brächte die Gesellschaft schon ein ordentliches Stück weiter in der
Entwicklung, die für das friedliche Zusammenleben unbedingt von Nöten ist.
von Hassan du Maire
von Hassan du Maire
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