Sonntag, 29. Januar 2012

Alter Insu: Teil 21 "Computer-Comic"

Heute findet Ihr hier ein zeichnerisches Werk des Insulaners: Ein Comic über den Umgang mit Computern, aus deren frühen Zeit: April 1994 (Nr.48)


Samstag, 21. Januar 2012

Alter Insu: Teil 20 "Nationalsozialismus und Nachkriegszeit in Ratzeburg"

Auch der Nationalsozialismus ist und bleibt ein Thema der deutschen und damit unserer Geschichte. Dieser Artikel aus dem Jahr 1989 beleuchtet die lokalen Hintergründe und Geschehnisse in Ratzeburg.


Keiner von uns Schülern und nur einige Lehrer haben den Nationalsozialismus miterlebt, und trotzdem beschäftigt uns dieses Thema immer noch. Es hat ja auch genügend Trümmer hinterlassen, die zerbombten Städte sind zwar alle wieder aufgebaut, aber Deutschland ist geteilt, viele Menschen sind heimatlos geworden und es gibt immer noch keinen Friedensvertrag.

Die Zeit des Hitler-Regimes hat auch unser kleines Städtchen Ratzeburg nicht unberührt gelassen.

Nach der Machtergreifung Hitlers, am 30. Januar 1933 verhält sich die Bevölkerung der „Beamtenstadt“ Ratzeburg sehr zurückhaltend, obwohl die Weltwirtschaftskrise und mit ihr Elend und Arbeitslosigkeit gerade erst vorüber sind. Und ganz Deutschland Hitler als einzige Rettung sieht.  Schließlich wird Ratzeburg aber doch vom starken Sog mitgerissen, obgleich die „Bekehrung“ der Ratzeburger für die in Mölln sitzende Kreisleitung alles andere als einfach ist.

So ziemlich der erste Nazi in Ratzeburg war Wilhelm Behrmann. Seit 1921 bemühte er sich die Stadt in die seiner Meinung nach rechten Bahnen zu lenken. Alles begann damit, dass Behrmann damals in Lübeck tätig, einen „Völkischen Beobachter“ in die Hände bekam. Er war begeistert von Hitler und seiner Partei. Ein Chronist aus dieser Zeit schreibt: „Das gelang ihm natürlich leichter in Lübeck als ins seiner Geburtsstadt. Dennoch dem gebieterischen Rufe in seiner Brust folgend, kehrte er nach Ratzeburg zurück, um dort für die gute Sache zu werben.“ Unter der „Guten Sache“ versteht unser Chronist leider die „Schlechte Sache“, die wohl jedem bekannt sein dürfte.

Wilhelm Behrmann machte sich also mit einem Stapel Flugblätter und Propagandazeitschriften auf nach Ratzeburg. Großen Erfolg konnte er allerdings nicht verzeichnen. Zwei, drei zeigten schüchtern Interesse, aber Behrmann war nicht stark genug, um sie in sein Lager hinüber zu ziehen. Behrmann gab nicht auf, er wandte sich an die Kreisleitung in Mölln, wo der Same des Nationalsozialismus auf weit fruchtbareren Boden gefallen war. Er  hatte mit dem später Kreisleiter Kelb eine längere Aussprache und, wir zitieren wieder unseren Chronisten:“gelobte ihm in die Hand, dass er in seiner Vaterstadt alle seine Kräfte für die Bewegung einsetzen wolle.“ Abermals wanderte er mit einem Packen Werbematerial unter dem Arm nach Ratzeburg und hoffte auf größeren Erfolg als beim ersten Mal. Der blieb ihm jedoch versagt. Der Versuch in Ratzeburg neue Anhänger zu erwerben schlug fehl.

Man schrieb das Jahr 1923 und noch immer traf sich das Häuflein Verführter in Mölln. Der Zulauf wurde nach dem gescheiterten Hitler-Putsch auch nicht größer, und so dämmerte die später so mächtige NSDAP dahin, die Wahlen 1924 fielen sehr unbefriedigend aus, gerade 50 Stimmen werden erreicht. 1925 bei der Reichspräsidentenwahl nur 15, da wirkte diese Anzeige fast wie ein Witz:


Nur 25 Menschen versammelten sich im Clubraum des Hansa Hotels, um der Propagandarede des Stadtverordneten Lohse zu lauschen. Aber dieser 2. November war immerhin der (Wort im Original nicht lesbar/vorhanden) Ortsgruppe der NSDAP.

Langsam bekam sie mehr Zulauf, es waren zumeist Jugendliche, die allerdings bald wieder austraten. Unermüdlich setzte die Partei ihre Propagandaarbeit fort und bereitete sich auch in den umliegenden Dörfern aus. Mit dem Jahr 1929 beginnt der Aufstieg der NSDAP. Vier Jahre später, 1933 kommt Hitler an die Macht. Von nun an hat die Partei nur noch Erfolge zu verzeichnen, die Diktatur beginnt, auch Ratzeburg bleibt nicht verschont. Die in der Stadt wohnenden Judenfamilien werden abgeholt und in Konzentrationslager gebracht. Überall ist die NSDAP zu spüren, an Festtagen muss in allen Haushalten die Hakenkreuzflagge gehisst werden, notfalls auch noch die schwarz-rot-goldene Reichsflagge, obwohl man dann schon schief angeguckt wird.  Sonntags während der Kirchzeit, finden HJ-Veranstaltungen (Anm. der Redaktion (2011): HJ heißt Hitler-Jugend; eine Jugendorganisation der Nazis) statt, was einen(Wort im Original unlesbar) Angriff auf die Krische bedeutet. Außerdem wird in Ratzeburg am Sonntagmittag Eintopf ausgeteilt, offiziell war das Essen zwar freiwillig, aber wehe, einer kommt nicht.


Sogar in die Freizeitgestaltung  reichte der Arm des Regimes, so gab es zum Beispiel die Freizeitorganisation „Kraft durch Freude“. In der „Alten Wache“ war ein regelrechter Hitler-Kult-Raum eingerichtet, mit einer Büste des „Führers“ und Hakenkreuzflagge.



1939 beginnt der 2.Weltkrieg, zunächst läuft das Leben in Ratzeburg normal weiter, nur mit der einen Einschränkung, dass man Lebensmittelkarten benutzen muss. Die Begeisterung, mit der man in den 1.Weltkrieg gezogen war, fehlt allerdings größtenteils. Zu spüren bekommen die Ratzeburger den Krieg erst 1942, nach dem Bomberangriff auf Lübeck, der die ersten Obdachlosen nach Ratzeburg treibt. 1943 wird die Stadt von Hamburgern geradezu überschwemmt, die in panischer Angst geflohen sind, als die Alliierten begonnen haben, Hamburger Wohnviertel zu bombardieren.

Aber das ist erst der Anfang, noch schlimmeres Elend erlebt Ratzeburg, als die ersten Flüchtlingstrecks eintreffen, endlose Züge mit Bauernkarren, die ähnlich aussehen, wie Siedlerwagen im Wilden Westen, mit halb erfrorenen Kindern und Alten, die nur den einen Wunsch kannten, möglichst weit weg von der Front und den Russen zu sein. Im März 1945 wurde in Ratzeburg eine Treckleitstelle eingerichtet, um wenigstens das gröbste Chaos zu entwirren. Tag und Nacht arbeiteten Helfer des Roten Kreuzes, um die Flüchtlinge zu retten und täglich trafen neue Trecks aus Ostpreußen, Pommern und Brandenburg ein.  Sie alle hofften am Ziel ihrer Reise zu sein, aber Ratzeburg war so überfüllt, dass es unmöglich war weitere Flüchtlinge aufzunehmen und so mussten die Menschen trotz ihrer Entkräftung weiter ziehen, nur die Kranken durften bleiben.



Auch nach der Kapitulation, riss der Strom der Vertriebenen nicht ab. Nach Kriegsende gab es einen Haushalt, in dem nicht zwei-drei Familien gewohnt hätten; das bedeutete eine große Einschränkung an Wohnraum und Privatleben.

Die Besatzungsmächte marschierten ein; und zeitweilig verlief die Grenze zwischen amerikanischer und britischer Besatzung mitten durch Ratzeburg, sodass einige Inselbewohner, die ihre Gärten in der Vorstadt hatten, nur mit vielen Umständen oder gar nicht dorthin gelangen konnten.

Nachdem die Amerikaner den Russen Mitteldeutschland überlassen hatten, wurde im November 1945 die jetzige Grenze festgelegt.

         von Wiebke Franken

Sonntag, 15. Januar 2012

Alter Insu: Teil 19 "Auflösung des Psycho-Tests Aus Insu Nr. 47 im Dez. 1993"



Frage
A
B
C
1
1
3
5
2
3
5
1
3
2
0
4
4
1
5
3
5
3
6
0
6
3
5
1

Testauswertung:

4-12 Punkte:      Es liegt in Ihrer Natur, schnell Freundschaften zu schließen. Egal wo, wann und                              wem Sie zusammen sind, Sie versuchen mit allen, „gut Freund“ zu sein. Doch passen Sie auf: Besonders schüchterne Menschen reagieren vielleicht ablehnend auf Ihre überschwängliche, stürmische Art, denn sie könnten befürchten, durch Ihre Sprunghaftigkeit nur eine kurzweilige Freundschaft mit Ihnen eingehen zu können.

13-21 Punkte:   Ihre Kontaktfreudigkeit hängt von Ihrer Laune ab. Es gibt Tage, da bereitet es Ihnen kein Schwierigkeiten, auf fremde Leute zuzugehen, und andere, da stoßen Sie ihre (neugewonnenen) Freunde vor den Kopf. Viele wissen nicht, was sie davon halten sollen, deshalb sollten Sie versuchen, ausgeglichener auf Ihre Mitmenschen zu wirken.

22-30 Punkte:   Es fällt Ihnen schwer, neue Kontakte zu knüpfen, denn Sie haben nicht das nötige Selbstvertrauen. Sie haben Hemmungen Fremden gegenüber, denn Ihrer Meinung nach bedeutet fremd nicht gleich Freund. Doch vertrauen Sie auf sich und andere, kriechen Sie aus Ihrem Schneckenhaus. Sie werden bald merken, wie schön es ist, neue Leute kennenzulernen.

Samstag, 14. Januar 2012

Alter Insu: Teil 18 "Psycho-Test Sind Sie kontaktfreudig? "

Ein netter Selbsttest aus der Ausgabe 46 vom Oktober 1993.


  
1)      Sie und ein/e Bekannte/r entscheiden sich kurzfristig für einen Last-Minute-Flug, aber Ihre Begleitung erkrankt. Fahren Sie trotzdem?
A: Ja, sicherlich. Das ist kein Grund für mich, zu Hause zu bleiben.

B: Ich suche schnell Ersatz.
C: Natürlich bleibe ich zu Hause.

2)      Sie sind auf einer Party und kennen sonst niemanden. Wie verhalten Sie sich?
A: Ich gehe zum Buffet und nehme mir ein paar Häppchen, in der Hoffnung, angesprochen zu werden.

B: Mir war schon vorher klar, dass mir das nichts bringen würde – also gehe ich bereits nach 5 Minuten.
C: Ich spreche den Nächstbesten an, ob er/sie mir nicht 30 Pfennig borgen kann. Vielleicht ergibt sich daraus etwas.


3)      Fällt es Ihnen schwer, fremde Leute anzusprechen?
A: Das hängt von der einzelnen Person ab.
B: Nein, damit habe ich keine Probleme.
C: Mir fehlt dazu einfach das Selbstbewusstsein.


4)      Sie haben die Möglichkeit, für 1 Jahr ins Ausland zu gehen. Ergreifen Sie diese Chance, vorausgesetzt Sie haben keine finanziellen Probleme?
A:Auf jeden Fall, das wäre eine große Bereicherung für mein Leben.
B:Ich möchte mein Leben hier nicht aufgeben, nur im für 1 Jahr ins Ausland gehen zu können.
C: Nur, wenn das Land nicht zu weit entfernt ist, und ich somit die Gelegenheit hätte, meine Freunde und Eltern zu besuchen.

5)      Sie haben im Meer gebadet und kommen aus dem Wasser, als Sie bemerken, dass Fremde ihre Figur bewundern. Was tun Sie?
A: Mit stolzgeschwellter Brust gehe ich ein paar Mal aufreizend den Strand auf und ab.
B:Ich werde hochrot, ignoriere die Worte und wickle schnell mein blaugeblümtes Badetuch um mich.
C: Ich steuere auf die Leute zu und erzähle ihnen, wie ich zu meiner „Superfigur“ gekommen bin.

6)      Sie haben eine Panne und stehen mit ihrem Fiat Uno am Straßenrand. Was nun?
A: Ich warte geduldig, bis jemand anhält und mir seine Hilfe anbietet.

B: Als emanzipierte Frau/ technisch-cleverer Boy packe ich die Sache selber an.
C: Heftig gestikulierend halte ich das nächste Fahrzeug an und bitte um Hilfe.

Viel Spaß bei der Auswertung (letzte Seite) sagen Susanne und Mareike!


Auf der handschriftlichen letzten Seite wird der Leser über einen Computer-Totalabsturz beim Layouten informiert und bezüglich des Tests mit folgenden Worten bedacht:  „Wer auf dieser Seite die Auflösung des Psycho-Tests sucht, ist erst mal selber schuld, dass er so’n Blödsinn mitmacht und wird auf die nächste Ausgabe vertröstet“

Wir verströten euch immerhin nur bis morgen. ;-) 

Freitag, 6. Januar 2012

Alter Insu: Teil 17 "Die Jahre 1932 und 1933"



Zum 150. Jährigen Bestehen unserer Schule (1995) gab es (natürlich) einen Extra-Ausgabe des Insulaners. In dieser wurde ein, leider undatierter, Artikel aus dem Archiv abgedruckt der sich mit der Anfangszeit des Insulaners (Ratzeburgensis Reatzeburgnsem Salutat) beschäftigt. Aufgrund seines Inhaltes ist der Artikel den hier heute hier lesen könnt, so um die 50er Jahre anzusiedeln. Es Auszüge von Artikel aus der Zeit Hitlers gezeigt, man beachte bitte bei deren Inhalt den historischen Kontext.

Unsere Schülerzeitung in den Jahren 1932 und 1933

Am 17. September des Jahres 1932 erschien die erste Nummer der Schülerzeitung unserer Lauenburgischen Gelehrtenschule. Es war damals genau so Nachkriegszeit wie heute, allerdings gleichzeitig schon die Vorkriegszeit, und die damaligen Schüler, heute unsere Väter, konnten noch nicht ahnen, wie alles kommen würde. Wir, d einer neuen Epoche, wollen uns die Meinungen und Taten aus dieser seltsamen, höchst interessanten Zeit nach dem 1. Weltkrieg einmal genau betrachten. Dazu durchkramten wir die alten ausgaben unserer Schülerzeitung. Gleichzeitig wollen wir die Geschichte unserer Schule und die Weltgeschichte., die ja parallel laufen, zueinander in Beziehung setzen, kritisch betrachten, und daraus lernen Am interessantesten dürften diese Auszüge wohl für unsere Eltern (insbesondere die ehemaligen Schüler) sein, da sie ja vieles miterlebten.


Ein Auszug aus dem Geleitwort von Herrn Studiendirektor Jensen zu ersten Ausgabe des „Ratzeburgenser“ (die Zeitung hieß damals „Ratzeburgensis Ratzeburgensem Salutat“ – „Der Ratzeburger grüßt den Ratzeburger“):

"Unsere Schüler, kleinen und die großen, möchten eine eigene Zeitung für ihre Schule haben. Dieser Gedanke ist nicht künstlich in ihnen geweckt worden, sondern aus dem Schulleben heraus geboren. Soll die Schule diesem Wunsch willfahren?"

 Wir können uns freuen, dass damals (wenn auch nach heftigen Erörterungen) eine Schülerzeitung entstand. Die Zeitung bildet jetzt ein wichtiges Dokument zur Schulgeschichte und ein gutes Mittel, die selbständige Arbeit und das Denken der Schüler zu fördern. Es wäre eine Schande, sie nach dieser großen Tradition einzustellen oder sie eingehen zu lassen.


Wie es damals in unserer Schule aussah, geht aus einem Artikel der Nr. 4 vom Juni 1933 hervor:



K u r z e  N o t i z e n
 1. Die Zahl der Schüler unserer Lauenburgischen Gelehrtenschule beträgt in diesem Schuljahr 149 Knaben und 52 Mädchen, zusammen also 201. (es bestand damals nur der Teil des Altbaus, der frontal zur Hauptstraße liegt ).
2. Das Alumnat beherbergt augenblicklich 24 Schüler. (Jetzt 48)
3. Seit Anfang des neuen Schuljares besitzt die Schule eine Rundfunkanlage, die es uns ermöglichte, an dem großen Tage von Potsdam, de Feier des 1.Mai und der Schlageter-Feier unmittelbar teilzunehmen.
4. Am 29. März fand in der Aula eine Elternversammlung statt. Ein Teil der Elternschaft hatte den Wunsch ausgesprochen, dass neben dem humanistischen Gymnasium ein Realzug geschaffen werden möchte, der von U III bis U II (d. h. bis zur mittleren Reife) oder sogar von U III bis zum Abitur führen sollte. Infolge der bevorstehenden Kosten ist die Entscheidung über die Frage des realen Zuges vom Kreistage einstweilen vertagt worden.
Einen Artikel über die Auffassung der damaligen Jugend, bedingt durch die Zeitumstände fanden wir in der Nr. 3 des Jahrgangs 1933. Den Artikel schrieb ein Unterprimaner; wir geben ihn etwas gekürzt wieder:


Die Not der deutschen Jugend Bald ist es wieder so weit, dass 40 000 Abiturienten von der Schulzeit in Leben treten, von dem sie alles erwarten. In dieser Zeit drängen Fragen über den zukünftigen Lebensinhalt zur Entscheidung.
 Große Not und schwere Sorge liegt auf dem Zukunftsweg der deutschen Jugend. Die Zukunft wird hart sein und erfordert ganze Männer, die durch den Wirrwarr unserer Zeit nicht schwach, sondern stärker geworden sind. Erinnern wir uns an ein Wort Clemenceaus, des größten Deutschenhassers aller Zeiten: „ 20 Millionen Deutsche sind zu viel auf der Welt“, dann wissen wir, dass wir bei der Gestaltung unserer Zukunft einen schweren Stand haben werden. Uns, die Jugend, geht das am meisten an. Nun erkennen wir auch, dass der Versailler Vertrag und alle anderen bis zum Youngplan nur auf die Erfüllung dieses politischen Testaments hinzielen. Das heißt: diese zu vielen 20 millionen sollen aus der Weltgeschichte ausgelöscht werden. Das junge Geschlecht gehört zu denen, vor welchem einmal die Wahl zwischen Sklavendasein oder Kampf um Leben und Daseins steht. In Deutschland 134 Menschen auf einem Quadratkilometer, in Frankreich nur 74 und in Russland sogar nur 7. Wir sind also obendrein ein „Volk ohne Raum“.
 Auch die seelische Not droht uns zu zerfressen. Als Erben des einst so stolzen Reiches stehen wir heute vor den Trümmern (siehe die Zeit nach dem 1.Weltkrieg!), aus denen ein neues von uns gebaut werden muss. Überall ist die Not der Jugend. Die Bauernjugend steht vor dem Nichts. Das Handwerk hat seinen sprichwörtlichen goldenen Boden verloren. Die Exportpolitik und die Industriealisierung hat unsere Zukunft, die „auf dem Wasser“ war, „in das Wasser“ verlegt. Deutschland, das Volk der Dichter und Denker, besitzt heute ein unübersehbares geistiges Proletariat. Wir haben es nicht vergessen, dass uns ein Professor Gumbel zu sagen wagte, unsere Brüder und Väter, die zwei Millionen Toten des Weltkrieges, seien „auf dem Felde der Unehre“ geblieben! Welche Gesinnung hören wir da aus dem Munde eines artfremden Volkserziehers! So sehen wir überall den Verfall unseres Vaterlandes.
 Wir müssen uns gegen den Strudel des tödlichen Geschehens aufbäumen und revolutionär sein. Denn unsere uns von der Geschichte gestellte Aufgabe ist eine V e r p f l i c h t u n g demgegenüber, was einst war, und eine V e r a n w o r t u n g demgegenüber, was noch kommen wird.
 Entschlossen gehen wir unseren weg, um den deutschen Menschen wieder zurückzuführen zur Ehrfurcht vor Gott, zur Liebe zu Heimatscholle und zur Liebe zu seinem eigenem Blute. Dazu wollen wir Jungen mithelfen und tapfer ringen. Dann dürfen wir hoffen, dass unser von Wogen bedrängtes Staatsschiff durch die tosende Brandung mit kräftiger Hand am Steuer in einem sicheren Hafen gelangt. Erst dann wird es so sein, wie J. M: Wehner in den Gedenkworten anlässlich der Übergabe eines Gefallenenfriedhofes an die deutsche Jugend sprach: „Heilig ist ihre letzte Stunde, unverletzlich ihr Andenken. Schon beginnen sie zu leuchten, die zarten Schatten. Sie nahen und grüßen uns, die Nachleben, die Zwielichter, die Zweifler, die Verzweifelten. Nun sind sie lebendiger als wir und singen und sagen:“
                 „Pflanzt die Säulen des Reiches
                In die Verwesung der Welt!“
Dieser Artikel ist äußerst zwielichtig 8man denke an Tucholsky, der zu genau derselben Zeit das Gegenteil sagte und die Toten des 1. Weltkrieges in ein anderes, warnendes Licht stellte), gerade für uns, die wir nach dieser folgenschweren Zeit, nach dem 2. Weltkrieg, leben. Können wir daraus lernen? Müssen wir der Jugend jener Zeit recht geben? Hat dieses Nationalgefühl Berechtigung gehabt? Ist es die Ursache der folgenden Katastrophe? Sind wir heute, nach dem 2. Weltkrieg, das übertriebene Gegenteil der Jugend von damals?

Ich selber kann diese Frage schwerlich beantworten und will es auch nicht. Jedoch bitte ich jeden etwas älteren Schüler, uns, dem „Insulaner“ seine Meinung hierüber mitzuteilen. Möge dieser Artikel zu einer heftigen Diskussion anregen.

               von Gerhard Sellin


Auch heute könnt Ihr uns eure Meinung über diese beiden, aus für uns schon ziemlich entfernten Zeiten stammenden, Artikel an redaktion.insu@gmail.com schicken.

Die Bebilderung dieses Artikels ist nicht original.

Bebilderung aus dem Herbst 1965 zum vorhergehenden Umzug aus der  alten Schule auf der Insel (heutiges Rathaus, damals noch mit einigen Anbauten) zur damals neuen Schule am Fuchswald.